Dorfkirche Gersdorf

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Die Dorfkirche in Gersdorf, einem Ortsteil im #Haselbachtal, begrüßt mich mit ihrer barocken Turmhaube im goldenen Licht eines milden Herbstnachmittags. Es ist der Sonnabend vor Erntedank, und meine Reise durch die Oberlausitz führt mich diesmal in dieses kleine Dorf bei Kamenz – eine weitere Etappe meiner #Kirchensafari. Schon von weitem erhebt sich der verputzte Kirchbau mit seinem satteldachgekrönten Schiff und dem markanten Turm samt geschwungener Haube über den bunten Herbstgärten



Ein friedlicher Kirchhof umgibt das Gotteshaus; durch ein altes schmiedeeisernes Tor trete ich ein und lausche einen Moment der Stille unter den Bäumen. Rechts neben dem Weg steht ein kleines Sandsteinhäuschen – eine ehemalige Gruftkapelle, die heute als Friedhofshalle dient. Dann öffne ich behutsam die schwere Kirchentür.


Begegnung im geschmückten Kirchenschiff



Drinnen empfängt mich der Duft von Stroh und Obst. Mehrere Dorffrauen sind eifrig dabei, die Kirche für den Erntedankgottesdienst zu schmücken. Körbe voller Kürbisse, Getreidegarben, Sonnenblumen und roter Äpfel stehen bereit. Vor dem schlichten Altartisch binden sie gerade die letzte Schleife an einer prächtigen Erntekrone aus geflochtenen Ähren. Als sie mich bemerken, lächeln sie – man spürt sofort die herzliche Offenheit der kleinen Gemeinde, und ich fühle mich willkommen. Leise helfen wir gemeinsam beim Platzieren von Früchten und Gestecken. Sonnenlicht fällt durch die hohen Fenster und malt helle Flecken auf die Holzbänke, während in der ruhigen Luft nur das Knistern von Stroh und ein gelegentliches Flüstern zu hören sind.


Eine feierliche Erwartung liegt über dem Raum – als hielte die Kirche den Atem an vor Freude auf das morgige #Erntedank-Fest. Dieser Augenblick, im einfachen Tun geteilter Arbeit, erfüllt mich mit leiser Dankbarkeit. Als die Dekoration fast fertig ist, wandert mein Blick durch das Kirchenschiff. Über mir spannt sich eine flache Decke aus hellem Holz, kassettiert wie in einer Berghütte – eine ungewohnte, doch heimelige Zierde für ein Gotteshaus.



Vor allem aber faszinieren mich die umlaufenden Emporen: Ihre Brüstungen zieren farbige Gemälde. Beim Nähertreten erkenne ich Szenen aus dem Alten Testament in sanften Pastellfarben – wie eine Bilderbibel, die biblische Geschichten für jedermann vor Augen führt. Da sind etwa die Schöpfung, Noahs Arche oder Mose mit den Gesetzestafeln zu entdecken, naiv und liebevoll auf Holz gemalt. Solche Emporenmalereien aus den 1950er-Jahren sind selten geworden und machen die Gersdorfer Kirche zu etwas ganz Besonderem.

Andächtig betrachte ich die biblische Bilderfolge und bin beeindruckt, wie Kunst und Glaube hier zusammentreffen. Eine der Frauen erzählt mir leise von der Geschichte dieser Kirche. Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig neu errichtet – ihre Großeltern hätten damals beim Wiederaufbau mit angepackt. Tatsächlich ist das Gotteshaus ungewöhnlich „jung“: Erst 1956 wurde es geweiht, nachdem das alte Gebäude in den Kriegswirren 1945 in Flammen aufgegangen war. Mit Blick auf die farbenfrohen Emporenbilder und die schlichte Decke begreife ich, dass gerade diese Details noch von jener Aufbauzeit zeugen.


Von Kriegsschicksal und Wiederaufbau


Im April 1945, am Ende des Krieges, bezahlten der Gersdorfer Pfarrer Karl Talazko und der Bürgermeister ihren Mut zum Frieden mit dem Leben – die SS machte sie für die Kapitulation mit weißen Fahnen verantwortlich und erschoss beide. Aus Rache legten die Täter damals auch die Dorfkirche in Schutt und Asche. Was für ein Schmerz muss es gewesen sein, das geliebte Gotteshaus in Flammen zu sehen. Doch gleich nach Kriegsende erweckten die Gersdorfer ihre Kirche in jahrelanger Gemeinschaftsarbeit zu neuem Leben. Bis 1956 war der Wiederaufbau vollendet und die Kirche wurde feierlich neu eingeweiht. Nicht ohne nochmalige Menschenleben zu kosten.




Seitdem läuten hier wieder die Glocken, und von der Empore klingt die Jehmlich-Orgel aus Dresden – eine der ersten Anschaffungen der jungen Kirche. Auch die barocke Turmhaube setzten die Dorfbewohner ihrem Gotteshaus wieder aufs Haupt, originalgetreu wie beim Vorgängerbau um 1800. Von außen ahnt man daher kaum, dass diese in Wahrheit erst rund sieben Jahrzehnte alt ist.

Ein Relikt aus früherer Zeit findet sich noch in der Friedhofsmauer


Ein mittelalterliches Sühnekreuz. Aber das ist eine andere Geschichte und die finden sie hier.



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Ich will mich freuen des HERRN und fröhlich sein in Gott, meinem Heil.
Habakuk 3,18




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