Obercunnersdorf

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dieses kreuz ist eigentlich auch eine thelersäule – bzw. ein gemischtwarenladen. der kopf stammt von einer der 7 thelersäulen die es am kirchsteig zwischen höckendorf und stieflitzgrund gab. aufgestellt wurden sie vom ritter conrad von theler als busse das er seinen hauspfaffen in der sakristei der burgkirche erschlagen habe.

das unterteil dagegen ist eine wegesäule von 1841. beise wurden 1846 so vereint und 1975 restauriert und wieder so aufgestellt.
direkt am fusse noch ein alter grenzstein zur gemeinde höckendorf.

so wurde wenigstens ein teil der alten thelersäule erhalten.

und für alle sageninteressenten hier noch die sage über die entstehung der thelersäulen:

Die sieben Kapellen bei Höckendorf
Von Widar Ziehnert
(Die Kapellen auf dem Wege von der Kirche zu Höckendorf nach Cunnersdorf gleichen mehr bloßen Betsäulen, und stehen von den sieben nur noch zwei, die andern fünf sind umgestürzt. Aber auch an diesen zwei übrig gebliebenen ist von Inschriften nichts mehr zu erkennen. Die von Theler besaßen Höckendorf vom vierzehnten bis in das sechzehnte Jahrhundert. Konrad Theler starb 1361.)

 

“Ei, so bleibt mir vom Halse mit eurem Begehr,
ich mag es euch nimmer gewähren.
Denn was ich auch gebe, doch würdet ihr mehr
in der andern Minute begehren.
Die himmlischen Güter, die lobet ihr mir;
und trachtet nach ird’schen mit schnöder Begier?
Das macht eurem heiligen Stande
nur Schande!”

So Konrad von Theler, ein trotziger Herr,
zu seinem Kaplane, Sylvestern,
der nun mit verdrüßlichem Pfaffengeplärr
anhub seinen Ritter zu lästern:
“Der Tag wird einst kommen, wo der Geiz euch gereut!
Wann Gottes Verdammniß der Hölle euch weiht,
dann wird, was ihr heute gesprochen,
gerochen!”

So kreiste der Pater und stürzte davon,
nachscholl ihm des Ritters Gelächter:
“Schlecht steht dir das Betteln, du armer Patron,
doch wahrlich das Zürnen noch schlechter.”
So höhnet der Ritter und lachet sich satt,
daß Sylvester zum Schimpfen nicht Worte g’nug hat,
und läßt sich das Wüthen des Gecken
nicht schrecken.

Doch als in der Predigt des Tages darauf
der Pater ihn wieder verfluchte,
Da wallte der Ingrimm im Herzen ihm auf,
daß am Pfaffen er Rache drob suchte.
Und da kommt in der Wuth ihm das Gräßlichste bei,
und er eilt nach der Predigt zur Sakristei,
und stößt ihn mit blitzendem Schwerte
zur Erde.

Wie winselt der Pater, wie krümmt er sich,
Wie verflucht er den Mörder zur Hölle!
Der Ritter erbebte im Innern, und wich
bestürzt von der blutigen Stelle.
Wild scholl ihm zu Ohren des Sterbenden Fluch,
ihn faßte Verzweiflung, er brüllte und schlug
vor die Stirn sich und stürzte ohn’ Oden
zu Boden.

Und als er erwacht, ist die tobende Wuth,
zum Jammer des Wahnsinns geworden;
dumpf heult er: “Wie stinken die Hände nach Blut!
Wie sind sie so müde vom Morden!
Wie winselt, wie ächzet der fromme Kaplan!
Wie schreit meine Sünde zum Himmel hinan!
Wie schreit sie zu Gott, mein Verbrechen
zu rächen!”

So schlaflos drei Tag’ und drei Nächte hiundurch,
zerwühlet der Ritter die Betten;
aufspringt er am vierten, hinweg von der Burg
zerrt’s ihn wie mit eisern Ketten
hinaus in das Weite, und hastig gebeut
er einem der Knechte, bei guter Zeit
Zwei Rosse zu satteln und zäumen
ohn’ Säumen.

Und als nun das Frühroth in Osten tagt,
da bestellt er sein haus noch, und reitet
von dannen behend wie zu lustiger Jagd,
vom teuersten der Knappen begleitet,
und spricht unterwegs: “Wohl haben wir weit,
denn siehst du, wir reiten zur Ewigkeit,
d’rum laß uns nur sonder Verweilen
recht eilen.”

Der Knappe frägt ängstlich: “Wohin denn? wohin?
Wohin, Herr, wollen wir reiten?
Euch ist so verzweifelt vergnüglich zu Sinn,
das mag mir nichts Gutes bedeuten.”
Da lachet der Ritter: “Armseliger Knecht,
was frägst du so unnütz? Doch, hast wohl recht.
Will Trost mir und Ruhe für’s Leiden
erreiten!”

Jach spornt er den Rappen, und sprengt in den Wald,
und kommt auf die Höh’ eines Felsen,
und stiert in die Tiefe und schauerlich schallt
seinVerzweiflungsruf in den Gehölzen:
“Hier finde ich Ruhe, hier find’ ich ein Grab!
Hinunter, mein Roß! in die Tiefe hinab!
Ich will ja der Hölle mein Leben
gern geben!”

D’rauf hetzt er den Rappen mit Peitsche und Sporn,
doch sonder Bewegen und Regen
steht das Roß, und stemmt sich kräftiglich vorn
der entsetzlichen Tiefe entgegen.
Und der Knappe sprengt voller Bestürzung heran:
“Was soll das, Herr Ritter? Was ficht euch an?
Ihr stürztet, that Gott nicht ein Wunder,
hinunter!

Das ist nicht der Weg, einen Mord zu bereu’n,
Der Selbstmord führet zur Hölle!
Mög’ Gott euch den Frevel gnädig verzeih’n.
Jetzt rasch und hinweg von der Stelle!
Laßt rathen euch, Ritter, und höret mich an,
ich hab’ euch ja immer zum Besten gethan!
Gott zeiget durch mich euch die Pfade
zur Gnade.

In’s heilige Land hin lasset uns zieh’n,
um Vergebung zu flehn und bitten,
dort lasset uns beten und jammern und knie’n,
dort, wo einst der Heiland gelitten.
An des heiligen Vaters hochheiligem Thron
in Rom, da erflehet euch Absolution!
Dort ist die Vergebung der Sünden
zu finden!”

So poltert der Knappe in ängstlicher Hast,
und starr und versunken in’s Sinnen, schweigt der Ritter dazu eine ziemliche Rast,
und hält kaum die Thränen noch innen.
“Hast recht, du Getreuer! – so spricht er bewegr –
will harr’n und bereu’n, bis mein Stündlein schlägt,
will pilgern nach heiligen Städten,
zu beten.”

Und sie reiten selbander wohl eilends nach Rom,
und wenn sie ein Bethaus wo finden,
in jeder Kapelle, in jedem Dom,
kniet der Ritter und bereut seine Sünden,
und jammert bei Tage und jammert bei Nacht,
bis daß sie die mühsame Reise vollbracht
und Ablaß für’s blut’ge Vergehen
erflehen.

D’rauf reiten sie weiter und schiffen sich ein,
und segeln zum heiligen Lande,
und landen beim siebenten Abendschein
am palästinischen Strande,
und wenden sich freudig zur heiligen Stadt,
wo der Heiland am Kreuze gelitten hat,
und betreten die heiligen Mauern
mit Schauern.

Von Jerusalem krümmt sich ein steinigter Pfad
gen Golgatha hin, und die Stellen,
von Christus mit dem Kreuze geruhet hat,
bezeichnen sieben Kapellen.
Dort strömt es ohn’ Ende von nah und von fern,
so Fürsten wie Bettler, so Diener wie Herrn,
und hoffen Vergebung der Sünden
zu finden.

Andächtig wohl knieet der Sünder Heer,
und betet in inniger Wehmuth,
doch wie Conrad so brünstig fleht keiner mehr,
keiner kniet in so reuiger Demuth.
Drob werden auch seine Gebete erhört,
die Ruhe allmälig ihm wiederkehrt,
als ein Priester ihm, daß er entsündigt,
verkündigt.

Da kehren die Beiden nach Deutschland zurück,
und kommen zum heimischen Schlosse,
und der Ritter verkündet sein seltnes Geschick
der Reisigen freudigem Trosse.
Drauf geht er zum Grab des erschlag’nen Kaplan:
“Magst du mir, was Böses ich an dir gethan,
für dies und das bessere leben
vergeben.”

Und damit seine Reue nie werde alt,
gebeut er am grauenden Morgen
dem greisen Vogte, wie möglich so bald
für kundige Maurer zu sorgen.
Die müssen ihm sieben Kapellen erbau’n,
so wie sie bei Golgatha waren zu schau’n,
in derselben Entfernung und Weite
und Breite.

Und täglich durchwallt er die fromme Station,
und betet in jeder Kapelle,
und sein alterndes Auge erblindete schon,
doch im Herzen blieb’s immer ihm helle.
Sein Begleiter dereinstens im heiligen Land,
führte jetzt auch dem Ritter mit sorglicher Hand,
bis Gott ihn hinauf zu den Frommen
genommen.

Jahrhunderte nagten mit fräßigem Zahn
an den Mälern herzinniger Reue,
doch von den Kapellen auf grünendem Plan
sieht der Wand’rer jetzt immer noch zweie.
Und d’rin, wo der Ritter die Mordthat vollbracht,
in der Sakristei kniet er in reisiger Tracht,
und die steinernen Augen noch scheinen
zu weinen.

(Ziehnert, Widar – Sachsens Volkssagen. Balladen, Romanzen und Legenden, Vierte Auflage, Annaberg 1881, S.192-198)

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